Volkschor Thalia 1903

Frankfurt am Main - Zeilsheim e.V.

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Ein alter Gesangverein mit neuen Zielen

Kleine Chronik: Der Zeilsheimer Volkschor Thalia existiert schon seit 100 Jahren

Von Gitta Düperthal

ZEILHEIM. Seit den Anfängen des Gesangvereins Thalia, der sich 1903 aus purer Lust am Singen zusammentat, hat sich einiges geändert. "Bis vor 25 Jahren waren wir ein reiner Männerchor. Dann traten ein Männer- und ein Frauenchor auf, bisweilen auch gemeinsam", berichtet Günter Bork, der seit 25 Jahren Schriftführer des Vereins ist und sich mit dessen Historie auskennt. Borks Vater trat dem Chor bereits in den zwanziger Jahren bei. Er selbst habe bereits als Vierjähriger im Verein Gedichte aufgesagt. "Ich bin sozusagen in den Verein hineingeboren."

Seit 1996 gibt es die Thalia als gemischten Chor. Rund 45 Frauen und 20 Männer, von 24 bis über 70 Jahren, singen heute gemeinsam. "Und alle ziehen an einem Strang." Bork lobt vor allem Heinz Marosch, der seit 1981 den Chor leitet: "Wir haben das große Glück einen Chorleiter zu haben, der motivieren und Begeisterung wecken kann. Nur so lässt sich die ausdauernde Begeisterungsfähigkeit des Chors erklären."

Obgleich Günter Bork viel über die Vereinsgeschichte weiß, ist ihm jedoch eine maßgebliche Lücke in der Chronik aufgefallen. Was in den zwölf Jahren Faschismus mit dem Chor passierte - ob es etwa ein Verbot gab und man sich vielleicht heimlich weiter traf - ist ihm unbekannt: "In der Chronik zum fünfzigjährigen Bestehen wurde die Zeit des Nationalsozialismus ausgeblendet. Obgleich ich schon seit 20 Jahren forsche, konnte ich diese Frage nicht klären. Meinen Vater konnte ich nicht mehr fragen, er ist schon lange tot."

Nur eines Überlieferungssplitters konnte Bork habhaft werden: "Vereinsflaggen sollen, bis nach dem Krieg unter einer Treppe eines Zeilsheimer Koloniehäuschens verborgen, nach dem Zweiten Weltkrieg aufgefunden worden sein." Nach dem Krieg hätten sich der konservativere Thalia-Chor und der "Volkschor", der dem Namen nach vermutlich aus der Arbeiterbewegung stamme, zusammen geschlossen. Am 2. August 1947 erhielt der Volkschor Thalia von den amerikanischen Besatzern eine Lizenz und konnte seine Vereinsarbeit ohne Einschränkungen wieder aufnehmen.

Genaueres weiß auch Bork nicht. "Aber das ist ja selbst in großen Bankhäusern und Unternehmen so, dass diese Geschichtsepisode vielfach unbeschrieben blieb." In Kriegs- und Nachkriegswirren seien wohl viele Unterlagen verloren gegangen. Doch Bork will weiter forschen. Denn: "Geschichte ist wichtig." Doch andererseits meint er, dass es "schlimm ist, wenn ein Verein 100 Jahre alt wird, und immer nur von Traditionen spricht. Das Ziel liegt stets vorn in der Zukunft, nie in der Vergangenheit". Dennoch erinnert er sich besonders gern an den internationalen Chorwettbewerb der Schubert-Gesellschaft in Wien 1985. Damals habe der Chor zwar "nur" den zweiten Platz gemacht - aber das sei nicht so wichtig gewesen, sagt Bork. Doch jetzt freut er sich ebenso "über den neuen Trend des Chors zur Modernität".

Auch Heinz Marosch, vielen unter seinem Künstlernamen Benny Maro bekannt, ist froh über den Imagewechsel zum modernen Chor. "Wir singen Gospel und Musical." Vom "Lied des Volkes" (aus "Les Miserables") über Bui-Doi ("Miss Saigon") bis zu "Ein Licht am Ende des Tunnels" (aus dem Lloyd-Webber-Musical "Starlight Express"). "Wir haben Musical-Zauber mit Tanzgruppen, aber mitunter auch ernste Themen, zum Beispiel Angst": Da ging es auch um den Vietnam-Krieg. Das Markenzeichen des Chores seien Auftritte im Halb-Playback-Verfahren - "und der Erfolg gibt uns recht". Das lässt sich schon am Zuwachs - in den vergangenen zwei Jahren sind vier Männer und sechs Frauen eingetreten - erkennen.